Es ist Sommer und die Leute flanieren am Donaukanal. Sie spazieren auf und ab, sie sitzen auf der Kaimauer und lassen die Füße runter baumeln, sie sitzen in der Wiese auf der anderen Seite des Weges und sie sitzen auf den Bänken. Manche unterhalten sich, manche hören Musik.
Auf einer Bank in etwa in der Mitte zwischen der Brücke, deren Gemäuer zum Bouldern verwendet wird, und dem Tel Aviv Beach, ungefähr vis á vis vom Flex, sitzen zwei Freaks, die leere Bierdosen eingesammelt haben, die achtlos weggeworfen wurden.
Sie finden es ungeheuerlich, wie die Menschen mit der Umwelt umgehen und ihren Müll einfach in der Gegend entsorgen statt die zahlreich vorhandenen Mistkübel dafür zu benutzen. Die beiden bauen einen Ofen und atmen durch nach getaner Arbeit.
Unter den Flanierern finden sich schnell zwei, die sich angezogen fühlen vom süßlichen Duft des Dübels, den die Freaks rauchen und gesellen sich dazu. In breitem amerikanischen Englisch wird Konversation betrieben.
Sie kommen rasch zur Sache. Sie seien Flüchtlinge, Palästinenser. Und die Israelis, was die ihnen und ihren Familien und ihrem Volk nicht alles angetan hätten. Dabei gehört denen nicht mal das Land, die sind unrechtmäßig dort, die haben das geklaut, die Engländer haben die Juden dort angesiedelt, und diese haben sie dann von dort vertrieben und so weiter. Also die Familien der beiden wurden vertrieben. Oder so.
Das ganze Programm eben.
Die beiden Palästinenser wurden als Flüchtlinge in Chicago geboren, erzählen sie, und machen gerade Urlaub in Wien. Der eine zieht freudig ein Kondom aus der Hosentasche und erklärt, was er im Laufe des Abends noch zu tun gedenkt.
Die beiden machen einen guten Eindruck, gesund und munter, wohl genährt, sportlich, fit, Mitte Ende 20, eloquent, entspannt. Als in Chicago Geborene sind sie Staatsbürger der USA, dort aufgewachsen und zur Schule gegangen. Aber sie sind qua Geburt palästinensische Flüchtlinge, die von den Israelis vertrieben wurden. Sie können und dürfen gar nichts anderes sein.
Zwei Amerikaner aus gutem Hause auf Urlaub. Am Donaukanal. Sie ziehen weiter und keiner erklärt ihnen, dass sie gar keine Flüchtlinge sein können.

jensitus | 10.12.17 05:32 | 0 comments
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